Change
Veränderung? Ja, aber bitte nicht bei mir.
1. Juli 2025
Veränderung ist wie das Wetter im April: Wir wissen, dass sie kommt – und doch überrascht sie uns immer wieder aufs Neue. Mal mit frischem Wind. Mal mit einem Gewitter zur Unzeit.
Und wenn wir ehrlich sind: Wir finden Wandel vor allem dann gut, wenn wir ihn selbst einläuten. Sobald aber andere an unseren Gewohnheiten rütteln, geht bei vielen innerlich der Rollladen runter. „Verändern? Gern. Aber muss das jetzt sein?“
Veränderung fängt harmlos an – und endet mit Widerstand
Kennen Sie das? Sie verkünden eine neue Strategie, voller Überzeugung und mit durchdachtem Plan. Und was passiert? Ihre Leute nicken – höflich, verständnisvoll, zustimmend. Doch dann… passiert: nichts.
Was auf den ersten Blick wie Trägheit wirkt, ist oft etwas anderes: Widerstand. Und zwar der stille Typ. Kein Protest. Kein Aufbegehren. Eher das resignierte Schweigen, das zwischen den Zeilen hängt wie Nebel im Konferenzraum.
Aber bevor Sie sich fragen, was Sie falsch gemacht haben, lassen Sie uns gemeinsam einen Schritt zurücktreten. Denn das Verhalten Ihrer Mitarbeitenden ist nicht irrational. Es ist zutiefst menschlich.
Unser innerer Sicherheitsbeauftragter: Negativitätsdominanz
Unser Gehirn ist kein Fan von Überraschungen. Es ist gebaut für Sicherheit. Und wenn Veränderung droht, schlägt ein uralter Mechanismus Alarm: die Negativitätsdominanz. Was bedeutet das?
Kurz gesagt: Schlechtes wiegt schwerer als Gutes. Negative Informationen werden intensiver wahrgenommen, länger im Gedächtnis behalten und stärker auf sie reagiert als auf positive. Kein Wunder also, dass bei Ankündigungen wie „Wir strukturieren um“ oder „Wir gehen neue Wege“ zuerst das Kopfkino anspringt – mit Szenen aus dem Horrorfilm „Was, wenn alles schiefläuft?“.
Verlustaversion – oder: Warum wir am Alten kleben
Der zweite große Gegner jeder Veränderung ist die Verlustaversion. Sie beschreibt unsere Tendenz, Verluste emotional stärker zu gewichten als gleich große Gewinne. Oder bildlich gesprochen: Wir halten lieber an einem wackeligen Klappstuhl fest, als aufs stabile Sofa umzuziehen – weil wir fürchten, beim Wechsel den Halt zu verlieren.
Es ist nicht das Neue, das uns schreckt. Es ist der Gedanke, das Vertraute loslassen zu müssen.
Gerade in Organisationen erleben wir das täglich: Prozesse, die längst überholt sind, werden weitergeführt – „weil wir das schon immer so gemacht haben“. Strukturen bleiben bestehen, auch wenn sie längst nicht mehr tragen. Warum? Weil Veränderung immer auch Abschied bedeutet. Und Abschied ist selten bequem.
Was das für Ihre Führung heißt
Veränderung lässt sich nicht verordnen. Sie will verstanden werden. Und sie braucht einen Rahmen, in dem Zweifel, Fragen und auch Widerspruch erlaubt sind.
Unser Eindruck aus vielen Jahren Change-Begleitung: Man kann diese psychologischen Hürden nicht „wegmachen“. Und es bringt auch wenig, sie mit Argumenten „wegzudiskutieren“. Denn diese Diskussionen laufen oft ins Leere. Warum? Weil sie an dem vorbeigehen, was die Menschen eigentlich bewegt.
Wer Veränderung gestalten will, braucht die Bereitschaft, innezuhalten und zuzuhören. Zwischen den Zeilen. Hinter dem „Aber“. Unter der Oberfläche.
Es ist viel gewonnen, wenn es gelingt – und das ist nicht leicht –, offen über das zu sprechen, was unausgesprochen im Raum steht: die Angst vor Kontrollverlust. Der Wunsch nach Sicherheit. Die Sorge, nicht mehr dazuzugehören.
Nicht alles lässt sich sofort lösen. Aber wenn Menschen spüren, dass ihre Gefühle einen Platz haben dürfen, entsteht Vertrauen. Und das ist der Boden, auf dem echte Veränderung wachsen kann.
Reflexionsimpuls
Wie reagieren Sie, wenn jemand sich gegen Ihre Veränderungsvorhaben stellt?
Versuchen Sie zu überzeugen? Oder gelingt es Ihnen, das „Aber“ als Türöffner für ein echtes Gespräch zu nutzen?
Mehr Denkanstöße und Impulse zur Frage, wie Veränderung wirklich gelingt, finden Sie in unseren weiteren Blogartikeln oder auf YouTube.