Change / Führung

Max’ Teambesprechung geht schief (Max – Folge III)

Max’ Plan für das Team-Meeting

Das Coaching hat Max Mut gemacht, in die Offensive zu gehen. Ihm ist klar geworden, dass er eine ganze Menge in seinem Team bewirken kann. Deshalb möchte er so bald wie möglich eine Teamsitzung machen. Er hat auch schon eine kleine Rede vorbereitet mit all dem, was er seinem Team sagen möchte: dass es ihm leid tut, dass er in den letzten Wochen so distanziert und kühl war. Und dass er sich sicher ist, dass sie miteinander die Veränderung gut bewältigen können, wenn sie einfach Hand in Hand konstruktiv zusammenarbeiten. Und dass er deshalb ab sofort jede Woche eine Teambesprechung machen möchte, um an der Veränderung zu arbeiten. - Mit dieser Rede will er den Team-Spirit neu entfachen und alle für ein gutes Miteinander gewinnen.

Eine Teambesprechung voller Frust

Am Tag der Teambesprechung ist Max richtig gut gelaunt: Heute wird sich alles zum Guten verändern. Um 10 Uhr ist es soweit. Max sitzt am Kopfende des Besprechungstisches und lächelt.  Bis auf Paul sind alle da. Tanja und Michael unterhalten sich noch intensiv, die anderen sitzen schweigend da und warten ab. Nachdem Paul nach 5 Minuten immer noch nicht da ist, beginnt Max mit seiner Rede ans Team. Dabei schaut er in kritische, abweisende Gesichter. Noch während des Sprechens merkt er, wie sich seine positive Energie in Luft auflöst und er innerlich immer unsicherer wird. Nachdem er fertig ist, herrscht Schweigen. Bis schließlich Tanja sich zu Wort meldet: “Und jetzt, meinst Du, ist alles wieder gut? Ich hätte von einem Teamleiter erwartet, dass er sich stärker für uns als Team einsetzt! Du hast es gut und darfst hier bleiben. Wir aber werden zum Teil versetzt und wollen das nicht!” Die anderen nicken und stimmen Tanja zu. - Mit dieser schroffen Reaktion hat Max nicht gerechnet. Er versucht zu beschwichtigen, aber er hat das Gefühl, gegen eine Wand zu laufen. Nur Anneliese, die älteste im Team, zeigt Verständnis. Aber sie ist ohnehin die “Mutter” im Team, die immer zu vermitteln versucht, wenn es Konflikte gibt.

Als Chef ungerecht behandelt

Nach dem Team-Meeting kocht Max innerlich vor Wut. Nun ist er schon bereit, seine Fehler zuzugeben und ganz offen gegenüber seinem Team  zu sein, und dann kommt solch eine abweisende Reaktion. Er fühlt sich von seinem Team ungerecht behandelt. Das macht ihn wütend und enttäuscht: “Was für Idioten!” 

Aber wie soll er nun damit umgehen? Max ist ratlos. Er bittet Frau Di Maria, seine Abteilungsleiterin, um ein Gespräch. Er muss ihr unbedingt von dieser Teambesprechung erzählen und möchte wissen, was sie jetzt an seiner Stelle tun würde.

Das Gespräch mit der Abteilungsleiterin 

Nachdem Max seiner Abteilungsleiterin von der misslungenen Teambesprechung erzählt hat, ist ihre lapidare Antwort: “Ja, mit so etwas umzugehen, gehört zur Arbeit einer Führungskraft dazu, auch wenn es nicht schön ist. Wichtig ist, dass Sie sich jetzt nicht beleidigt zurückziehen, sondern die Führung übernehmen. Es ist Ihr Team. Es ist Ihre Aufgabe, dieses Team durch den Veränderungsprozess zu führen.” - “Aber wie soll ich das denn machen, wenn ich gegen eine Wand laufe?” entgegnet Max genervt. Er hätte sich wirklich mehr Verständnis von seiner Abteilungsleiterin gewünscht. - Stattdessen legt sie nach: “Sie müssen sich fragen, ob Sie sich der Aufgabe als Teamleiter gewachsen fühlen? Wenn nicht, ist das auch in Ordnung. Sie müssen es mir nur sagen.” - Max kocht innerlich vor Wut, sagt aber nichts mehr. 

Nach dem Gespräch ist er vollends bedient. Am liebsten würde er alles hinschmeißen und kündigen. Aber ob es anderswo besser ist? - Zum Glück hat er jetzt erst einmal zwei Wochen Urlaub…

Besser ist, wenn die anderen schuld sind

Im Urlaub versucht Max einfach abzuschalten. In den ersten Tagen gelingt das auch ganz gut. Aber je näher das Ende des Urlaubs heranrückt, umso schlechter wird seine Stimmung wieder. Er schläft auch wieder unruhig, und die Gedanken an die Situation bei der Arbeit lassen sich einfach nicht mehr wegschieben. Ist er vielleicht wirklich kein guter Teamleiter? Er zweifelt und hadert. Schließlich wollte er ja gar nicht unbedingt Teamleiter werden. Die Abteilungsleitung hat ihn damals dazu ermuntert. Und jetzt lässt sie ihn hängen. 

Max spürt: sich über die Abteilungsleiterin zu ärgern, ist besser, als sich selbst und das eigene Verhalten in Frage zu stellen. Es fühlt sich einfach besser an, wenn die anderen schuld sind. Die unbarmherzige Abteilungsleiter. Die Geschäftsleitung mit ihrem Veränderungskonzept. Die Quertreiber im eigenen Team. Und auch der Coach, der ihn letztlich zu dieser misslungenen Teambesprechung verleitet hat. - Als ihm das so richtig bewusst wird, bekommt er fast rote Ohren. Ihm wird plötzlich klar, dass er ständig den anderen die Schuld zu schiebt und selbst nicht wirklich die Verantwortung übernimmt. Er begibt sich in die Rolle des Opfers. Kein Wunder, dass er sich auch wie ein Opfer fühlt.

Max ergreift die Initiative

Irgendwie hat es bei Max in dem Moment “Klick” gemacht, als ihm bewusst wurde, dass er bislang immer anderen die Schuld zuschiebt, anstatt selbst die Initiative zu ergreifen. Der Gedanke elektrisiert ihn, nicht mehr Opfer der Umstände, sondern aktiver Gestalter zu sein. Sicherlich sind die Rahmenbedingungen zur Zeit schwierig und herausfordernd. Aber er ist entschlossen, die Herausforderung anzunehmen.

Auch wenn die letzte Teamsitzung ein Desaster war, möchte er sein Team wieder für sich gewinnen. Statt ein neues Team-Meeting zu machen, setzt er jetzt aber auf persönliche Gespräche. Das hat ihm der Coach eigentlich schon empfohlen, erinnert er sich: ein persönliches Gespräch mit jedem Teammitglied zu führen, und zwar am besten bei einem Spaziergang. Das hat den Vorteil, dass er auf den jeweiligen Gesprächspartner ganz individuell eingehen kann. Das Spazierengehen hilft gerade in schwierigen Gesprächen und bei unangenehmen Punkten. Man kann dann auch einige Augenblicke schweigend nebeneinanderher gehen. Das ist viel angenehmer, als wenn man sich im Besprechungsraum gegenüber sitzt.

Spaziergänge statt Team-Meeting

Als Max seinem Team ankündigt, dass er mit jedem Teammitglied einen Spaziergang zu zweit machen möchte, erntet er als Reaktion ein schweigendes Stirnrunzeln. Max merkt aber, dass ihn diese Reaktion - anders als noch vor einigen Tagen - nicht mehr aus der Bahn wirft. Im Gegenteil: Er kann verstehen, weshalb das Team eher skeptisch ist. Aber er ist sich sicher, dass sich das nach den Spaziergängen ändern wird. 

Als erstes bittet Max Tanja zum Spaziergang. Sie war bisher eine seiner größten Kritikerinnen. Tanja reagiert zuerst vorsichtig. Max beginnt das Gespräch mit dem Satz:  “Tanja, ich weiß, dass Du mit der aktuellen Situation und auch mit meinem Verhalten als Teamleiter nicht glücklich bist. Ich habe darüber nachgedacht und kann das verstehen. Ich möchte mit Dir darüber sprechen, wie wir miteinander wieder in ein positives Fahrwasser kommen können. Bist Du dazu bereit?”

Max' Spaziergang mit Tanja

Tanja gibt ihre Zurückhaltung auf. Es sprudelt geradezu aus ihr heraus, was sie in den letzten Wochen alles geärgert und frustriert hat. Max hört ruhig zu und lässt sie ausreden. Als sie fertig ist, wartet sie auf seine Entgegnung. Sie ist sich unsicher, ob sie sich gerade womöglich um Kopf und Kragen geredet hat. Innerlich ärgert sie sich, dass sie wieder einmal viel zu emotional, zu offen und direkt war. Aber sie kann einfach nicht anders. 

Doch verblüffenderweise kommt Max nicht mit Gegenargumenten oder Rechtfertigungen, sondern er fragt nach. Anscheinend will er ihre Sichtweise tatsächlich verstehen.  - Gar nicht mehr wie früher, wo er gleich beleidigt war und gar nichts mehr sagte. - Je länger sie miteinander spazieren gehen, umso konstruktiver wird ihr Gespräch. Auch wenn sie inhaltlich an einigen Punkten nicht einer Meinung sind, hat sich auf der emotionalen Ebene etwas Positives entwickelt: Verständnis.

Die Fortsetzung ist: Spaziergänge eröffnen neue Perspektiven

Folge II von Max’s Geschichte finden Sie unter: „Max, der Teamleiter, im Coaching“

Folge I der Geschichte finden Sie unter: „Und ich muss es umsetzen“ -  Max, der Teamleiter, im Change-Prozess

Anmerkung: Max steht für viele Teamleiter*innen und andere Führungskräfte, die wir begleitet haben. Jede hatte dabei ihre ganz individuelle Geschichte, die wir als Coachs und Berater stets vertraulich behandeln. In diesem Artikel über Max haben wir das zusammengefasst, was wir immer wieder erleben. Als echte Person existiert Max in Wirklichkeit aber nicht.

Andreas Zaiß

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